Ich glaube an Halloween kann es kaum etwas paradoxeres geben, als einen depressiven Vampir, der vegetarisch sein Dasein fristet. Ich bin „depressiv“. Ich bin Vegetarier. Ich verkleide mich heute als Vampir. Nun gut, mit verkleiden ist weiße Schminke und Kunstblut gemeint. Ich hatte erst überlegt, mich als Wladimir Putin mit Fangzähnen zu verkleiden, also als eine Art „Vladimpir Putula“, der gefürchtete Oligarchenfürst, der den Reichen ihr Öl absaugt. Nicht witzig? Auch egal.
Aber mal im ernst. Ein Vampir mit seinem ewigen Leben ist depressiv. Groteske Vorstellung. Dann noch Vegetarier, obwohl er sich ja eigentlich von Blut ernährt. Was ist denn dann die Alternative? Laut Twilight wäre das dann Tierblut. Ich mag kein Twilight und Tierblut auch nicht so besonders. Ein Witzbold würde wohl jetzt mit Blutorangen nach dem armen vegetarischen, depressiven Vampir werfen. Ich persönlich bevorzuge dann doch einen genüsslichen Cocktail aus Antidepressivum und Gerstenschorle. Der Reiz liegt hierbei in der Wechselwirkung. Keine Angst, ich sauf mich schon nicht in das Jenseits. Geht ja eh nicht, ich bin ein Vampir, schon vergessen? An dieser Stelle der Aufruf: Kenn dein Limit, damit du es ausreizen kannst! Wir leben ja nur einmal, aber einmal kann sehr lange sein. Einmal ist keinmal? Aber Zweimal ist einmal zu viel. Klingt ganz schön depressiv, von wem sind diese blöden Sprüche eigentlich? Können nur von einem Lehrer sein.
Ich schweife wieder mal ab. Wie geht der depressive und vegetarische Vampir denn nun durch die vor ihm liegende Nacht? Viel Gerstenschorle saugen darf er nicht, sonst muss er tagelang in seinen Sarg klettern um sich zu erholen. Außerdem wären die Wächter in der Einrichtung für depressive Vampire ziemlich erzürnt, wenn sie von seinem Exzess erführen.
In einem Lokal mit 2000 Sterblichen sein, von denen viele nur so tun, als wären sie seinesgleichen. Dabei kennen sie die Dunkelheit nicht, die einen echten Vampir ausmacht. Das wahre Biest kann nicht nachgeahmt werden. Es kann nicht äußerlich dargestellt werden, da es in den Vampiren drin ist. Selbst der echte verkleidet sich heute als der falsche, damit der innere, der einzigwahre, bedeckt wird. Reißt er die Fassade jedoch ein, bedient er sich wieder der Seele und saugt alle Fröhlichkeit aus dem armen depressiven und vegetarischen Vampir heraus. Dann verschmelzen der echte und der einzigwahre wieder zu einer düsteren Einheit. Eine gefährliche Fusion, bei der die Bestände zusammengelegt werden. Was überwiegt, wer übernimmt die Kontrolle? Normalerweise schluckt der größere immer den kleineren, da habt ihr die Antwort.
Es wird dunkel draußen und die Zeit der Vampire ist jetzt angebrochen. Es sind nicht die Sterblichen, die der geschundene, depressive und vegetarische Vampir bekämpft. Im Gegenteil, seine besten Freunde sind sterblich, seine Familie zwar nur teilweise (Zur gruseligen Familiengeschichte ein andermal mehr), aber irgendwo muss der Vampirismus ja auch her kommen, wenn nicht von einem Biss. Der wahre Gegner lauert in diesem Augenblick in den finstersten Untiefen des Geistes verborgen und wartet auf seinen Sonnenuntergang. Seine Fänge sind spitz und seine Klauen scharf, seine düstere Aura immer spürbar. Seine Stimme wird von einem eisigen Wind auf die helle Seite getragen, auf der sich unser seltsamer Vampir aufhält (Der hat nen Tageslichtring oder so, denkt euch selbst was aus). Spöttisch flüstert er böse Dinge und kündigt lachend die Finsternis an. Wann beginnt der Showdown? Heute, morgen oder in einer Woche? Er zehrt von der Freude und dem Glück, wenn er seine Zähne in den armen Vampir schlägt und zieht ihn auf seine Seite um mit ihm zu verschmelzen.
Der dunkle Glücksauger ist die einzige Ausnahme für den vegetarischen Vampir, denn auch er kann beißen und kratzen. Doch von diesem Kampf sehen die Sterblichen nichts. Er ist verborgen und dringt nur nach außen, wenn eine der Seiten gewonnen hat. In der Zwischenzeit bin ich ein zwiegespaltener Vampir, der sich als Vampir verkleidet. Diese Ironie gibt es auch nur an Halloween.
In diesem Sinne happy Halloween allerseits. Hab ich eigentlich die ganze Zeit metaphorisch auf mehreren Ebenen in der dritten Person von mir selbst geredet? Caesar würde vor Neid erblassen. Ich hoffe ihr könnt der Gedankenkotze noch halbwegs folgen.
Die vampiristische Tanne
Sehr extrovampiert! 🙂
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Sie sind überall!
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Vampire können sich doch sehr sehr schnell bewegen. Ich an deiner Stelle würde mich ganz eilig an einen schönen Ort begeben. Ach, nimm ein paar Blutkonserven mit.
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Aber ich bin doch Vegetarier! Ich füll einfach ein bisschen flüssiges Glück rein, Felix felicis oder wie das heißt.
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Ja aber das Blut wurde ja freiwillig von Menschen abgegeben. 😊
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Eine vegetarische Vampirtanne. Saugt die anderen Bäumen das Harz aus (mach das bloss nicht öfter als drei Mal, sonst wird am Ende Har(t)z vier draus)?
Ich für meinen Teil finde ‚Vladimpir Putula‘ ja reichlich witzig, aber ich habe auch einen echt schrägen Humor.
Schöne Allegorie ansonsten. Ich mag sowas ja. Und wünsche dir, dass dein Blut die richtigen Winkel findet. Grüss deinen Vampir von mir.
Alles Liebe
Elín
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Puh, ich bin nicht allein. Fühlt sich jetzt schon weniger schräg an.
Schön, dass es dir gefällt. Werde ich ausrichten!
Beste Grüße
Tanne
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Ne, bist du nicht. Etwas, worüber ich mich gerade ebenfalls freue.
Viele Grüsse zurück
Elín
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Cooler Galgenhumor!
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„Einen Geist im Kriegszustand“ ist eine interessante Definition.
Bleiben wir bei dem „Warum“. Warum sind wir verzweifelt und traurig. Was haben wir zu tun, um diesen Zustand zu beenden. Gute und ausreichende Ernährung ist ein schnipsel, welches uns dabei hilft. Die Erfahrung, das depressive Menschen mehr von ihrem Hirn nutzen als andere. Ich würde sagen, sie werden sich ihrer Gefühle bewusst und sehen, dass etwas nicht im Lot ist. Das macht diese Menschen traurig und manchmal verzweifelt. Unser Gesundheit hat sogleich eine Krankheit parat, die es gerne heilen will. Wenn ihr eine REHA-Klinik besucht und Euch die ausgestellten Arbeiten anseht, welche die Patienten erschaffen haben, dann erkennt Ihr welche kreative Kraft in den, vom Gesundheitssystem als krank diagnostizierten Menschen steckt. Ja, unser Gehirn ist so etwas wertvolles. Kann das aus Zufall entstanden sein? Dich unregelmäßig auskotzen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Denn ich habe den Eindruck, dass Deinen Beitrag. Einen wertvollen Beitrag für unsere Gemeinschaft leistet. „Ich will meine Gedanken aus meinem geistigen Enddarm kacken.“ Rede nicht so ein zeug! Das tut Deinem Wohlbefinden nicht gut. Hast Du heute diesen schönen Sonnentag genossen? Fürchte Dich nicht, ich bin kein Therapeut. „Ich mache das hier auch, um die Möglichkeit des Austausches mit möglichst vielen anderen Menschen zu erhalten.“ Achte darauf, dass Du deine Leser nicht abschreckst. Ja ich tippe hier schon zu viel. „Was ihr damit anfangt ist eure Sache.“ In Dir denkt es: „da nimm und siehe zu, wie du damit fertig wirst.“ Kann es sein, dass diese Deine Einstellung zu Deiner ständigen Traurigkeit führt? Mach Dein Wochenende!
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Hui. Versuchst du mich zu analysieren? Interessant!
Du zitierst da meine Art von Humor. Etwas vulgär und gewollt provokant. Soll dem Leser in’s Gesicht springen. So bin ich, auch in meinem Umfeld, schonungslos, besonders mit mir selbst.
Du interpretierst da etwas viel rein. Ich nehme das nicht persönlich und deine Kritik durchaus zur Kenntnis, aber manch eine/r würde darauf vielleicht verärgert reagieren.
Wünsch ich dir auch!
Gruß
Tanne
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Man kann dir sehr gut folgen- ich zumindest. Wunderbar geschrieben, grandios formuliert – ergo- wie bereits anfangs erwähnt, folge ich dir 😀 – Glg Herta
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Besten Dank!
Gruß
Tanne
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Ich mag Vampire. Ihre depressive Düsternis ist magisch und irgendwie anziehend – bis die Fänge dann in der Haut stecken und das Blut tropft.
Aber läuft man seinem Verderben nicht manchmal naiv-vergnügt in die Arme?
Ist es möglich mit einem Vampir Frieden zu schließen, wenn er einen hin und wieder überwältigt?
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Möglich schon. Trotzdem ist er ein Raubtier, oder Raubmensch? Die negativsten Gedanken manifestieren sich in der Gestalt dieses Vampirs. Wenn er kommt um die positiven Gedanken auszusaugen reichen ihm manchmal vielleicht ein paar Tropfen. Vielleicht kann mensch ihn auch länger fernhalten. Ein endgültiger Frieden ist jedoch unerreichbar. Daran zu glauben wäre naiv, wie du richtig sagst.
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Manchmal erinnert mich dieser Vampir an einen liebesdurstigen Menschen, der sich nach Bestätigung und amourösen Gefühlen sehnt. Auch so einer saugt alles auf, was er kriegen kann, wie ein Verdursteter. Und dennoch nehmen wir ihn anders wahr, da er es eben auf positive Gefühle abgesehen hat, die von uns Menschen oft idealisiert werden.
Dagegen ist der düstere Vampir ein störender Geselle, den wir loswerden wollen. Das ist auch nur allzu verständlich. Bei uns herrscht immerhin Waffenstillstand 😉
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Loswerden ist leider nicht möglich, für mich zumindest. Ihn für sich zu vereinnahmen wäre ein besseres Ziel.
Schön, dass es bei dir klappt!
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Es ist doch immer irgendwie ein hin und her, oder nicht? 😉 Man könnte es fast schon als Tanz bezeichnen.
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Oh wow, das liest man ja auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge
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Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass es nicht so gedacht war 😉
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