Digitale Revolution. So heißt es mittlerweile schon so schön. Die erste richtige Umwälzung im Leben der Menschen seit der industriellen Revolution. Darin ist eine Menge enthalten, vor allem Arbeit 4.0, oder auch Industrie 4.0. Die Digitalisierung des menschlichen Lebens schreitet auf fast allen Ebenen voran und durchzieht bereits jetzt nicht unwesentliche Facetten unseres gesamten Alltags. Innerhalb weniger Jahrzehnte sind praktisch alle Menschen dauerhaft erreichbar und somit verfügbar geworden. Wir tragen unsere Bildschirme mittlerweile schon in der Hosentasche, noch größere Bildschirme haben wir in verschiedenen Varianten in unserem Zuhause. Eine derartige mediale Dauerbeschallung konnten sich die Diktatoren des 20. Jahrhunderts nur wünschen, und deren Propaganda war schon äußerst effektiv.

Wir bemerken diesen Prozess kaum. Wie vieles in unserer Zeit kommt er uns trotz seiner ungeheuren Rasanz irgendwie schleichend vor. Fast sekündlich entstehen weitere Auswüchse und neue Ideen, mit denen die Menschen digital konfrontiert werden. Diese Ideen müssen nicht mal mehr aus einem Menschenhirn entspringen. Computer und künstliche Intelligenzen entwickeln eigenständig ganze Programme, die der Mensch dann nur noch auf den Markt bringen muss, um die konsumbegierigen Artgenossen einzuspannen. Bevor ihr denkt, dass ich alles schlecht reden will; Das ist nicht mein Ziel. Die Umwälzung bringt viele Chancen zur Verbesserung unseres Lebens mit sich, allerdings beobachte ich die Entwicklungen mit einem zunehmenden Unbehagen. Es gibt keine klare Trennung mehr. Früher wurde der Fernseher oder das Radio eingeschaltet, dann wurde konsumiert und wieder ausgeschaltet. Dazu kamen dann noch Printmedien. Heute gibt es kaum noch Möglichkeiten, ohne Dauerkonsum klar zu kommen. Wer nicht ständig erreichbar ist wird einfach verschluckt. Wenn wir uns die riesigen Veränderungen der letzten 50 Jahre anschauen, habe ich ehrlich gesagt etwas Angst vor den Entwicklungen der nächsten 50 Jahre. Nicht wegen den Entwicklungen an sich, bzw. nur zu einem geringen Teil. Es liegt letztendlich am Menschen, wie diese eingesetzt werden. In unserer aktuellen Gesellschaft kann ich keinen verantwortungsvollen Umgang erkennen. Auch und besonders nicht von staatlicher Seite, Stichwort Massenüberwachung zum Beispiel. Wie weit würde diese noch gehen? Jede Sekunde unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod könnte erfasst und dokumentiert werden. Die Mittel der Beobachtung und Observierung werden immer vielfältiger – und einfallsreicher. Genauso wenn es um Krieg geht. Dieser Einfallsreichtum würde an anderen Stellen deutlich mehr Menschen als nur den wenigen Prozent an der Spitze unserer Gesellschaft nützen.

Ich habe Angst vor dem, was neue Technologien aus uns machen könnten. Die schlichte Befriedigung niederer Bedürfnisse hat uns schon heutzutage fest im Bann. Wie entwickeln sich Unterhaltungssender in den nächsten Jahrzehnten? Wie weit sinken die moralischen Werte der Menschen noch? Wann ist der Punkt erreicht, an dem unser Leben nur noch von digitalen Einflüssen geprägt wird? Schon heute werden uns Ideale vorgesetzt, manchmal stellen sich bereitwillig Personen dafür zur Verfügung, wie Schaufensterpuppen. Mehr sind die Kardashians doch nicht, als digitale und ständig konsumierbare Schaufensterpuppen der Gesellschaft?

Die Digitalisierung betrifft alle Altersklassen. Wir sehen auf der einen Seite 8-jährige mit Smartphones, die sich bereits Instagram accounts erstellen und Bilder aus ihrem jungen Leben posten. Wir sehen auf der anderen Seite ältere Menschen, die mit den neuen Systemen nicht zurecht kommen und verzweifeln, weil sie Hilfe brauchen, um im heutigen Alltag überlebensfähig zu sein, obwohl sie den Umständen entsprechend fit sind. Wer nicht mitzieht, gerät langsam aber sicher in das Abseits, in die Peripherie der Gesellschaft und des sozialen Lebens. Die wichtigsten Bestandteile unseres Tages, Beruf und Freizeit zum Beispiel, werden immer mehr vereinnahmt. Wie weit geht das noch? Welche neuen Technologien fesseln uns an das Internet und den Zwang, ständig erreichbar oder online zu sein?

Fragen, auf die ich keine Antworten habe. Klar, ich kann ja noch nicht in der Zeit reisen. Ein Mensch kann mittlerweile in wenigen Momenten durch das Internet die Aufmerksamkeit der ganzen vernetzten Welt auf sich ziehen und sie genauso schnell wieder verlieren. Es gibt die sog. „Influencer“, die über ihre accounts auf sozialen Netzwerken riesige communities erreichen können. Einzelne Personen erreichen durch das Internet mehr Einfluss auf die Bürger eines Landes als so manches Staatsoberhaupt. Das mag gut und auch schlecht sein. Es ist dennoch gruselig.

Wir verlieren den Kontakt zum Wesentlichen und geben die Realität immer weiter für kreierte virtuelle Realitäten auf, welche die echte und spürbare Realität nach und nach verschlingen und für ihre Zwecke benutzen. Was sind die Zwecke? Was soll damit erreicht werden? Fragen, die wohl in den Hinterzimmern der Mächtigen unseres Welt diskutiert werden. Ganz neue Möglichkeiten der Beeinflussung und Überwachung, aber auch des Widerstands. Der Widerstand kann sich ebenso schnell formieren und Ausdruck im Internet verleihen. Es ist letztendlich von niemandem mehr wirklich kontrollierbar, es ist einfach zu schnell geworden. Ist das nicht auch irgendwie beängstigend? Kein Mensch hat mehr die Kontrolle darüber.

Um zu einem Abschluss zu kommen: Ich sehe die Vorteile und Chancen der digitalen Revolution, ich sehe aber auch die vielen Risiken und die Versuchungen, denen wir allzu leicht erliegen können. Ich spüre echtes Unbehagen im Zusammenhang mit diesem Thema und verstehe die Menschen nicht, die sich der Digitalisierung mit blindem Eifer hingeben und sie als den größten Fortschritt der Menschheit bezeichnen. Garantiert wird sie ein Schritt in etwas völlig Neues sein und letztendlich ist es noch in unserer Hand die Gestaltung zu übernehmen. Ich bin gespannt, was noch alles auf uns zu kommt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang eine Serie empfehlen. Es handelt sich um die britische Serie „Black mirrors“. Jede Episode ist eine eigenständige Geschichte mit anderer Handlung und anderen Darstellern. Gemeinsam haben die Episoden nur, dass sie auf Grundlage fiktiver Szenarien das Problem der allumfassenden Digitalisierung unseres Lebens behandeln. Dabei sind einige Episoden erschreckend realitätsnah und regen zum nachdenken an.

Nachdenkliche Grüße

Tanne