Heute mal etwas anderes: Ein kleiner Rundumschlag, der mich selbst trifft, aber auch euch, denn wir alle sind Teil des Problems. Genauso könnten wir aber zum Teil der Lösung werden.

Nie wieder Faschismus! In Polen gehen zigtausende Nationalisten mit Kreuzen und Nationalflaggen auf die Straßen und warnen Muslime davor, ihr Zuhause an diesem Tag zu verlassen. In Deutschland bekommt eine Partei über 12%, die durchsetzt ist mit Rechtsradikalen und mit Sicherheit die erste Anlaufstelle des ein oder anderen Nazis sein dürfte, nachdem die NPD nun nicht mehr wählbar ist. Von Ungarn, wo Orbans Schlägertrupps uniformiert wie die SA herumstreunern, der Türkei, Frankreich und anderen Ländern in Europa und der Welt will ich gar nicht erst anfangen, da dort gelebter Nationalismus bis hin zum Fremdenhass längst salonfähig geworden ist. In den USA ist die absolute Idiotie mit Trump endgültig Bestandteil einer vorher schon verheerenden Politik für die gesamte Weltbevölkerung geworden.

Es ist nur ein langes Menschenleben her. Viele Zeitzeugen können noch berichten und wir sollten jedes ihrer Worte aufsaugen, solange sie noch da sind. Ich hatte bereits vor drei Jahren die Chance eine Gedenkstättenfahrt zu machen und in Polen ein ehemaliges Ghetto (Lodz) und ein Vernichtungslager (Chelmno) zu besichtigen. Anrührende Gespräche mit den Überlebenden waren ebenfalls Bestandteil. Sie alle waren unterschiedlich, doch gaben sie uns gemeinsam eins auf den Weg: „Es liegt nun an euch. Es liegt an euch, dass so etwas nie wieder möglich werden kann. Das ist eure Verantwortung und keine Frage der historischen Schuld. Es ist die Verantwortung aller neuer Generationen der Menschheit.“ Es ist an uns, frühzeitig die Entwicklungen zu erkennen und ihnen gegebenenfalls entgegenzuwirken.

Es wird langsam Zeit, Stellung zu beziehen. Die Gesellschaft entwickelt sich zunehmend zu einer Zweckgemeinschaft von Egomanen, angeführt von den Königs-Egomanen, welche die Entwicklung mit ihrem Geld, Besitz und ihrem Klüngel immer weiter anfeuern. Die Wähler werden opportunistischer, die Schuld für gesellschaftliche Probleme wird immer häufiger auf bestimmte Sündenböcke abgeladen. Nach unten auf die schwächeren treten, obwohl die Verantwortlichen, zu denen wir selbst auch passiv gehören, weiter oben sitzen. Muster, die zu denken geben sollten. Der Prozess ist schleichend, aber das heißt nicht, dass er nicht vorhanden ist.

Die westlichen Regierungen metzeln sich seit Jahrhunderten durch die Weltgeschichte und haben bis heute lange nicht damit aufgehört, im Gegenteil. Jedes Jahr sterben zwischen 10-20 Millionen Menschen durch Hunger oder Unterversorgung mit dem nötigsten, während wir uns im Überfluss suhlen. Da gehören die Kriegstoten weltweit noch nicht dazu. Unser Planet ächzt unter der Schändung und Belastung. Noch können wir handeln, wir haben es selbst buchstäblich in der Hand. Vielleicht dauert es sogar noch einmal ein langes Menschenleben, bis wir zu äußersten Maßnahmen greifen müssen, um unseren Planeten und damit uns selbst zu retten. Darunter könnte sogar ein jahrelanges Verbot von Fleischkonsum gehören, als kleine Anmerkung. Durch den übertriebenen Fleischkonsum verhungern und verdursten in der sog. dritten Welt unzählige Menschen. Was meint ihr, woher Nestle sein Wasser holt? Oder wo große Teile des Tierfutters angebaut werden? Also nicht so sehr über den fleischfreien Tag in der Kantine aufregen. Ich will mich hier aber auch nicht zum Öko-Diktator aufschwingen, letztendlich bestimmt jede/r selbst sein/ihr Konsumverhalten.

Ich habe hier jetzt zwei große Fässer aufgemacht, einmal den Rechtsruck in Europa und der Welt gekoppelt mit unserer Verantwortung dem entgegenzuwirken, dazu dann noch eigentlich die gesamte kapitalistische Lebensweise in unserer Gesellschaft. Ich weiß, dass dies unfassbar ergiebige Themen sind. Zu einem kleinen Rundumschlag eignen sie sich aber immer. Wie gesagt nehme ich mich selbst nicht aus. Es geht erstmal darum, sich darüber bewusst zu werden. Das wissen die meisten durch das Internet mittlerweile, dafür geschieht aber relativ wenig. Wir sind zu satt, unsere Sinne sind zu überflutet, zusammengefasst sind wir einfach zu. Wir machen zu. Eine fast schon gesunde Reaktion, denn mich hat es krank gemacht – und tut es immer noch. Das Elend ist durch das Internet für uns sichtbarer als je zuvor, aber die große menschliche Empörung, der entschlossene Widerstand gegen das gelebte Unrecht bleibt aus. Wenn wir ehrlich sind, ist der Humanismus in Europa lange kein Grundwert mehr. Die Grenzen manifestieren sich wieder, anstatt sich endlich aufzulösen.

Die Antwort auf den Kapitalismus und die Probleme unserer Gesellschaft darf nie wieder von rechts kommen!

Historisch betrachtet war auch der Nationalsozialismus die Antwort von rechts. Die Antwort auf das kapitalistische Großstadtelend und die spürbaren Folgen des Krieges. So, jetzt konnte ich die beiden aufgemachten Fässer miteinander verbinden. Hitler und seine Schergen lieferten einfache Antworten und dazu sogar noch eine Gruppe von vermeintlichen Schuldigen. Unterstützt seit Ende der 20er Jahre durch wichtige Industrielle wie die Krupps und andere finanzierte er seine Hasskampagne und seine Parteiarmee. Der Rest ist Geschichte.

Jede Gesellschaft wird immer mit Problemen zu kämpfen haben. Es gibt keine perfekte, paradiesische Gesellschaftsform und es wird sie nie geben. Was wird folgen? Auch unser aktuelles System wird eines Tages zerfallen und aus seinen Trümmern wird etwas neues entstehen. Ich sage nicht, dass es besser oder schlechter sein könnte, nur dass es neu wäre. Das schafft Gestaltungsmöglichkeiten, die wir im Moment nicht haben. Vor hundert Jahren hatten wir noch einen Kaiser! Kann sich doch keiner vorstellen, da lacht ja die Koralle. Es gibt heute noch Menschen in Deutschland, die in der Kaiserzeit geboren wurden. Wahnsinn, wie viel Elend, Sieg und Niederlage, Tyrannei, Hass, Liebe und Veränderung die mitbekommen haben. Einige von uns werden vielleicht auch mal so alt sein. Auf was wir dann so zurückblicken können? Vielleicht ja sogar stolz, etwas besseres geschaffen zu haben, in das wir unsere Nachkommen guten Gewissens entlassen können.

Ich hoffe, ihr fühlt euch nicht angegriffen, das war nicht mein Ziel. Ich fühle mich auch nicht moralisch überlegen, keine Sorge. Ich hoffe, dass sich eines Tages eine neue Bewegung bildet, die vereint eine neue Art des Miteinanders auf der ganzen Erde anstrebt, ohne die Individuen zu sehr zu beeinträchtigen. Ich wäre gerne ein Teil davon. Und ihr, wie steht ihr dazu?

Ich brauche gleich ein Bier, es lebe der Konsum! Oder auch nicht. Ist das alles verwirrend!

Solidarische Grüße aus dem Nadelwald

Tanne

PS: Jetzt genau 1000 Wörter, juhu!