Jaja, im Leben muss nicht alles einen Sinn ergeben, schon klar. Sinn ist ein großes Wort, das ohne Ende mit Inhalt aufgebläht werden kann, bis es platzt und aus ihm ganz viele neue Wortsysteme entstehen, so wie ein literarischer Urknall halt.

Rein historisch betrachtet fällt mir zum Geschwür des Nationalismus aber nichts anderes ein als die Worthülse „sinnlos“. Wenn „sinnlos“ also eine Worthülse ist, mit welchem Wort habe ich dann auf den Nationalismus soeben geschossen? Richtig, mit Sinnlosigkeit. Wie kommen Menschen darauf, sich auf ihre völlig zufällig angeborene Staatsangehörigkeit derart etwas einzubilden, dass sie diese zum Maß aller Dinge, zum Zentrum ihres Universums erheben und somit andere ausgrenzen. Die US-Amerikaner zum Beispiel. Vor 30-40.000 Jahren wanderten Menschengruppen aus Asien über einen zugefrorenen Weg nach Alaska ein und verbreiteten sich von dort bis hinunter nach Mittelamerika und noch weiter. Die Inka, Maya, Azteken, Indianer, sie alle stammten von diesen Menschen ab und waren zu Millionen auf dem Kontinent existent bevor Kolumbus diesen überhaupt erst „entdeckte“. Was dann folgte, ist wohl allen bekannt; europäische Auswanderer aller Nationalitäten strömten in die „neue Welt“ und metzelten die Natives nach und nach ab, bis kaum noch welche übrig waren. Dann vermischten sich Fantastilliarden verschiedener europäischer, asiatischer, afrikanischer (Sklavenverschleppung nach Amerika nicht vergessen) und sonstiger Genpools zu den heutigen Amerikanern. Die verhängen jetzt ein Einreiseverbot gegen Muslime, bauen ihre Grenze zu Mexiko aus und Trumps Anhänger verfallen zusammen mit der far right Bewegung in einen nationalistischen Rauschzustand. Hä? Gerade die Amerikaner haben einen derart bunten Genpool, dass sie eigentlich regelmäßig einen Regenbogen erbrechen müssten. Ich möchte hier natürlich nicht pauschalisieren, besonders in den USA gibt es zunehmend starke Gegenbewegungen und die Antifa erstarkt im Kampf gegen die zahlenmäßig erschreckend vielen Nazis in den USA.

Die Europäer, die aus ihrem Europa aufgrund von Hunger, Armut, aber auch Gier in die „neue Welt“ zogen, hatten selbst einen kunterbunten Genpool. Wie viele Völkerwanderungen gab es in der europäischen Geschichte? Unzählige, sie reichen weit zurück bis zu den ersten Menschen. In Deutschland wird sich jetzt vor Überfremdung gefürchtet. Mal ganz davon abgesehen, dass wir gerade einen ganz, aber wirklich auch ganz kleinen Teil der Quittung für unseren exzessiven und verschwenderischen Lebensstandards zahlen. Ohne Ein- und Auswanderung geht es einfach nicht. Wir können uns nicht zu schade für bestimmte Jobs sein und uns dann beschweren, wenn andere sie für uns machen. Unser Wohlstand steht, wie Hagen Rether es in seinem neuen Programm so schön ausdrückt, auf Leichenbergen. Das ist ein harter und sehr trauriger Fakt. Wir alle leben damit, bewusst oder unbewusst. Durch die Menschen, die entweder aus Angst vor Krieg und Leid, oder getrieben von Armut und Aussichtslosigkeit zu uns kommen, führen uns vor Augen, dass es ein „weiter so“ nicht geben kann. Die Ignoranz kann nicht ewig siegen. Wir haben die Probleme der Industrialisierung und des Krieges zwar outgesourcet. Sie werden früher oder später aber als gewaltiger Bumerang zurückkommen. Der Bumerang wird immer größer, Nationalismus und Fremdenhass nähren ihn weiter, so wie unsere ignorante und egoistische Art zu leben, ich nehme mich selbst da nicht aus. Er kommt ganz bestimmt, und dann werden auch keine Grenzmauern die Massen aufhalten, die zurecht auf ihre Menschenrechte bestehen.

Der Nationalismus bietet keine Lösungen. Er ist unlogisch und schürt den „Volkszorn“, wie Goebbels ihn einst nannte. Auf Hass und Intoleranz kann kein Fundament für die Zukunft gebaut werden. Der Mensch muss sich auf sein soziales Wesen besinnen, die Erde und nicht eine Nation als seine Heimat erkennen. Dann können wir alle gemeinsam, als Gattung Mensch, für das Überleben unseres Planeten kämpfen. Realistisch gesehen ist das Utopie. Aber was ist schon Realismus? Mit Realismus und Konservatismus kann der Mensch nicht die notwendige Weiterentwicklung meistern, die es braucht, um die Erde endlich zur Heimat des Menschen in all seiner Vielfalt zu machen und nicht zur Heimat der beschränkten Ignoranz von hasserfüllten Nationalisten, die in ihrem Wahn immer noch schrecklichere Verbrechen gegen die Natur und ihre Gesetze begehen können.

Idioten gibt es übrigens immer. Immer und überall. Das sei nur angemerkt.

Grüße von meiner Insel namens Utopia

Tanne