Heute wieder ein bildgewaltiger Vergleich voller tiefgreifender und wunderbar uferloser Philosophie, an deren Ende das bekannte Fragezeichen steh. Ich bin auf den Austausch gespannt.
Es geht wieder um die Freiheit. Die hat es mir ganz schön angetan. Außerdem mischen sich grad Antidepressivum und Kaffee. Ich brauche also ganz schnell etwas zum Dampf ablassen.
Die Freiheit ist für mich wie die Sonne.
Sie ist eine uralte und natürliche Gewalt, die vor uns allen schon existierte. Sie ist der Mittelpunkt, um den sich alles dreht. Sie hat uns erschaffen. Wir gehören durch unseren Planeten zu ihrer Familie, ihre erlauchte Gesellschaft können wir jedoch nur aus der Ferne genießen. Wir sehen und spüren sie manchmal, dennoch können wir sie nicht greifen oder in ihrem pompösen Ausmaß mit all ihrer schöpferischen, aber auch ebenso zerstörerischen Macht begreifen. Sie erscheint uns im Himmel und ist nicht zu erreichen, dennoch lässt sie uns durch ihre Strahlkraft leben. Sie ist eine furchterregend schöne Göttin.
Die Sonne und die Freiheit sind in sich das manifestierte Paradoxon. Sie sind Himmel und Hölle. Licht und Dunkelheit. Schöpfung und Vernichtung. Sie sind frei und wir sind ihre Untertanen. Sind wir deshalb nicht frei? Ja und nein.
Die Freiheit und die Sonne sind in unserer Sprache weiblich. Wie die Natur. Die Natur ist ihre Tochter. Wir sind die Kinder der Natur. Wir können nicht ohne die Natur leben, die Natur nicht ohne die Sonne. Wir sind das entbehrlichste Familienmitglied. Dennoch sind wir ihre Kinder. Liebt sie uns? Gäbe es uns überhaupt, falls dem nicht so wäre? Liebe ist weiblich. Viele beantworten genau diese Frage mit der Religion. Die ist auch weiblich. Ich fordere eine Männerquote, ich komme mir in dieser erhabenen Gesellschaft unbedeutend vor. Weiblichkeit ist also wunderschön, gleichzeitig aber vernichtend für alles andere? Wer kam auf die Idee der Ehe? Garantiert ein Mann. Feminismus ist wichtig in einer Gesellschaft, die maskulin dominiert wird. Für unser aller Wohl.
Genug abgeschweift. In unserem irdischen Dasein können wir die endgültige Freiheit, die finale Erleuchtung niemals erleben. Sie schenkt uns das Licht, doch offenbart sie sich nur im Dunkel. Ruhe in Frieden? Ruhe in Freiheit! Sie holt uns alle irgendwann zu sich. Wer ihr zu nahe kommt stirbt im Diesseits, ganz wie bei der Sonne. Was im Jenseits folgt liegt weit außerhalb unserer Vorstellungskraft. Das Licht, die Erleuchtung. Womöglich.
Dennoch kosten wir im Diesseits zu wenig von ihren Früchten, riechen zu wenig an ihren Blüten, spüren zu wenig ihrer Wärme. Wir können uns ihr noch viel weiter nähern, ohne zu verbrennen. Die Sinne warten nur darauf. Der Geist auch.
Baden wir also im Sonnenlicht. Es gibt genug dunkle Zeiten, in denen es uns verwährt bleibt. Verwähren wir sie uns also nicht künstlich gegenseitig, das ist wider die Natur. So machen wir uns krank und es entsteht ein Leid, welches es gar nicht geben darf. Wir haben doch alle irdischen Möglichkeiten, um das Diesseits zu einem Paradies für alle zu machen. Den Rest übernimmt die Natur.
Das große, unbegreifbare Paradoxon, die Erleuchtung in der Finsternis, erwartet uns am Ende. Bis dahin sind wir selbst zuständig, ohne höhere Hilfe. Ein Geschenk der Selbstbestimmung. Es will gerecht aufgeteilt werden, auf alle gleich. Denn das sind wir auch am Ende: Gleich.
Die Freiheit ist wie die Sonne. Sie bedeutet alles. Sie bedeutet nichts. Gewiss ist nur, dass nichts gewiss ist. Die einzig wahre Erkenntnis ist… genau, ein Paradoxon. Da haben wir es wieder.
Wie weit der Familienstammbaum wohl reicht? Wo ist der Ursprung? Wir sind so winzig. Aber auch witzig. Immerhin!
Ich bin mir selbst nicht sicher, was ich da grad abgesondert habe. Von daher: Frohes Denken!
Die in Gedanken freie Tanne
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Das ist es!
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…wie sieht es mit dem Ego aus? …ist es nicht das Ego, was uns an wahrhaftiger Freiheit hindert?
…denn dieses beschränkt uns, grenzt uns ab und wird mit jeder Frage nach diesem oder jenem nur stärker, oder?
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Mh. Eine weitere schwierige Frage. Wodurch entsteht Ego, wodurch verstärkt es sich, was ist ein gesundes Ego, welches ist ungesund?
Der Mensch braucht sein Ego. Es besteht aber ganz wesentlich aus sozialer Anerkennung. Genau daran könnten wir ansetzen. Neue soziale Parameter schaffen, die mehr Menschen integrieren, weltweit.
Eine Möglichkeit. Wie der Mensch sich in unserer aktuellen Gesellschaft verhält, ist für die allermeisten streng gesehen ungesund. Global gesehen.
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…nur schwierige Fragen sind wesentlich…ein Ego braucht jeder, um sich abzugrenzen und sein Überleben zu sichern, klar…ist das Überleben gesichert, muss das Ego nicht mehr gegen andere eingesetzt werden, dann kann auch Abgrenzung gelockert werden…
…aber es gibt noch eine andere Möglichkeit, nämlich die, der materiellen Welt weitgehend zu entsagen, sich so weit wie möglich von den Verstrickungen dieser Welt zu be-freien…und seine Freiheit auf anderen Ebenen zu finden…
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Wir sind ja alle Gefangene der Erdanziehung und selbst der Vogel überwindet sie nur für kurze Zeit und unter Kraftanstrengunge. Und wir sind auf den genau richtigen Abstand zur Sonne fixiert oder festgenagelt, weil wir sonst erfrieren oder verbrennen. Was ist nun aber unsere Freiheit?
Antwort: Genau das, was du tust, nämlich einfach einmal drauflos philosophieren, die Gedanken laufen lassen, frei asoziieren, emotional das Wesen des Lebens ergründen und zwar ohne das verwirrende Wissen der Astrophysik. Genau das hat der Asperger Einstein auch gemacht und so kam er auf seine Theorien. Zuerst kommt der Gedanke und dann der Nachweis und manchmal wird die Wahrheit einer Theorie erst post mortem bewiesen, wie etwa Einsteins Entdeckung der Gravitationswellen.
Man könnte auch sagen: Zuerst war die Sprache und dann kam der Duden oder: Zuerst war das Denken und dann die Theorie. Und nicht im Duden und in der Theorie liegt die Freiheit, sondern in der Sprache und im Denken. Und da sind wir bei der Fantasie und wie sagte – da wir gerade von Einstein sprachen – das größte Genie der Welt: Fantasie ist mehr wert als Wissen, weil das Wissen begrenzt ist.
Ergo: Die Freiheit liegt also in der Fantasie. Und da bin ich hier auf deinem Blog richtig. Ich freu mich noch auf viele deiner Gedankenausflüge. LG Sven 🙂
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Eine sehr schöne Ausführung, der ich gerne zustimme.
Ich danke dir für deine schönen Worte.
Wir lesen voneinander!
Tanne
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Was soll ich sagen… dein heutiger Artikel passt sehr gut auf meinen heutigen Beitrag…
https://traumfaenger.wordpress.com/2017/11/10/endlichkeit-was-zaehlt/
Wie wollen wir leben…? Freiheit! Selbstbestimmtheit. Lebendigkeit!
Liebe Grüße. 😊
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Sehr schön! Absolut.
Danke!
Gruß
Tanne
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Freiheit ist nur ein Wort. Es wird nicht logisch definiert, sondern durch Gefühle und Sehnsüchte… Deshalb –
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Deswegen versuchte ich abstrakter an die Sache zu gehen. Dabei ging es nicht um Begriffsdefinierung, sondern einen möglichen Vergleich zu etwas besser greifbarem herzustellen. Das ist bei Worten wie Freiheit, die derart beladen sind, nicht einfach.. dazu kommt die Subjektivität, wie du richtig anmerkst. Ein Versuch schadet nicht..
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Das scheint mir allgemein des Menschen Fluch und Segen. Denn auch ein Vergleich, hier die Sonne, ist letztlich auch sprachlich determiniert, also eine Metapher. Der Mensch definiert im Allgemeinen schwierige Wörter mit Metaphern, die wieder schwierige Worte enthalten, ein endloses, nicht befriedigendes Unterfangen von einer Metapher zur nächsten… Ich habe von Gefühlen und Sehnsüchten geschrieben. Aber auch das sind nur Worte. Man verstünde vielleicht etwas mehr, könnte man für eine Weile sämtliche Worte aus dem Hirn beamen und sprachlos den „Gefühlen“ und „Sehnsüchten“ (nicht diesen Begriffen) nach „Freiheit“ entlang „tasten“ und sie beobachten, um „Freiheit“ zu erahnen.
LG Franz
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Es könnte so einfach sein. Ausufernde Gedanken können sehr unbefriedigend sein, das stimmt. Kein Ende zu finden hält den Geist auf Trab obwohl er ruhen sollte.
Letztendlich können wir eh alles über den Haufen werfen. Alles nur endlich und unbedeutend. Dann wäre aber auch alles egal. So müssen wir sehen, dass wir das beste aus unserer Lage machen. Da ist noch Luft nach oben, auch in Sachen Freiheit und Selbstverwirklichung – wenn mensch diese Begriffe mit Inhalt füllt.
Beste Grüße
Tanne
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Furcht und Finsternis
sind wie Feuer und Frieden:
Äquivalente Ursachen.
Erst wenn die Sonne alles gefressen hat,
nachdem sie alles gegeben hat,
hat sie ihre Mutterschaft bestätigt.
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Schön geschrieben.
Danke!
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Ich finde den Vergleich passend. Mir gefällt besonders die Ermahnung: „Baden wir also im Sonnenlicht. Es gibt genug dunkle Zeiten, in denen es uns verwehrt bleibt“.
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Ich danke dir. Diese Ermahnung sollte ich selbst für mich ernster nehmen, das wäre schon ein guter Schritt.
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„Dennoch kosten wir im Diesseits zu wenig von ihren Früchten, riechen zu wenig an ihren Blüten, spüren zu wenig ihrer Wärme. Wir können uns ihr noch viel weiter nähern…….“ Was wir im Diesseits nicht schaffen, das schaffen wir auch nicht im Jenseits, also worauf warten wir…wir sind frei und haben ALLE Möglichkeiten!!!
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Es gibt dennoch viele unnötige äußere Einschränkungen, die wir im Verbund als Menschheit abbauen oder umstrukturieren könnten, um ein besseres und sozialeres Miteinander zu schaffen, in welchem der Einzelne eine größere Chance hat, seinen eigenen Weg zu finden.
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Da hast du natürlich recht!
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Die (Männer) – Quote. Auch weiblich. Sry. 🙂
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!
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Ich bin kein Supercomputer, drum down to earth: guter Vergleich.
Keine Freiheit ist übel aber zuviel kann auch problematisch sein. Verhält sich mit der Sonne auch so.
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Einfach wäre ja auch langweilig!
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Ich finde es gerade sehr krass diesen Text zu lesen, da ich mich letztes Jahr wochenlang sehr für die Sonne (oder die Sterne im allgemeinen) interessiert habe. Ausgelöst wurde das durch den Film ‚Sunshine‘ von Danny Boyle, der eine überraschende Tiefe bekommt, wenn man den Kommentar des Regisseurs dazu hört (vieles im Film ist symbolisch gemeint, es geht um den Konflikt im Menschen zwischen Wissenschaft und Religion, die Faszination angesichts des Unerklärlichen..).
In einem Buch über Alchemie habe ich erfahren, dass die Sonne zwar angebetet wurde, jedoch nicht als wirklicher Gott, eher als Sinnbild für etwas anderes, größeres. Das Gold (das ja bei Supernovae ensteht) wurde sehr früh mit der Sonne in Verbindung gebracht, daher auch die runde Form von Münzen. Nur Priester durften früher Gold bearbeiten, da es ebenso wie die Sonne als ein Sinnbild für das Göttliche gesehen wurde.
Die Sonne verkörpert jedoch trotz des Artikels eher das männliche Urprinzip (und in vielen Sprachen hat sie auch einen männlichen Artikel), das Aktive, Impulsive, dynamische und Zerstörerische, während der Mond mehr der weiblichen Energie entspricht.
Inspiriert von all dem schrieb ich damals diesen Text: https://dichterinyara.wordpress.com/2017/08/18/sternenweg/ (falls es dich interessiert..)
Die Sonne mit der Freiheit in Verbindung zu bringen finde ich sehr interessant – die Vorstellung wie ein Falter der Sonne entgegenzufliegen und in ihr zu vergehen (oder aufzugehen) ist eine gewaltige und irgendwie erlösende Vorstellung.
Lieben Gruß,
Yara
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So hab ich wieder was gelernt, danke!
Ich werde rein schauen. Ein sehr kompliziertes und komplexes Thema.
Gruß
Tanne
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„Kunst ist die einzige Freiheit, die uns geblieben ist.“ (Gottfried Helnwein)
😉
… stimmt.
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Ein schönes Zitat, danke!
Nehme ich gerne in meinen Bestand auf 😁
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Bitte, gerne! 😉
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